Ja, wo sind sie denn?
Der Plan war gut. Sehr gut sogar. Das dachten zumindest meine Frau und ich, die wir uns gemeinsam und täglich über das Glück freuen, Eltern zweier Jungs zu sein. Sehr anstrengender Jungs im Alter von vier und sieben Jahren, die den notwendigen Urlaub geradezu überlebensnotwendig machten. Für uns natürlich.
Unser Plan beinhaltete zwei zentrale Maßnahmen:
- Wir kaufen uns ein großes Zelt und machen einen Campingurlaub. Da haben die Jungs Auslauf und können kein Hotelzimmer zerlegen.
- Wir nehmen die Schwiegereltern mit. Oma und Opa lieben nämlich ihre Enkel – und freuen sich darüber, endlich einmal genügend Zeit mit ihnen verbringen zu können. Und die Campingalternative passte auch, denn der Schwiegervater ist seit vielen Jahren stolzer Besitzer eines Südwind-Wohnwagens.
„Du bist dir sicher, dass es dir nicht zu eng wird? Du magst doch im Urlaub keine Rücksicht auf andere nehmen“, vergewisserte sich meine Frau kurz vor Abfahrt nochmals bei mir, doch ich winkte souverän ab – mit dem Hinweis auf den formidablen Plan.
Doch es kam ganz anders: Am ersten Urlaubstag waren Oma und Opa mit dem Aufbau des Wohnwagens (Originalzitat Schwiegermutter: „Du glaubst gar nicht, wie viel Arbeit so ein Wohnwagen bedeutet, bis man es so richtig gemütlich hat.“) so beschäftigt, dass sie sich tagsüber jeglichen Kontakt mit uns verbaten, pünktlich aber zum Abendessen erschienen: „Das ist aber lieb von euch, dass ihr schon den Grill angezündet habt.“
Babysitten am nächsten Morgen? Fehlanzeige! Schwiegervater war bereits um 5 Uhr zum Angeln verschwunden („Ich verrate euch doch nicht die besten Plätze, damit ihr mir die Fische wegschnappt.“), während Schwiegermutter nach einem ausgiebigen Schönheitsschlaf („Im Urlaub gönne ich mir ein bisschen Ruhe.“) zum Zumba-Kurs mit dauerlächelnden Animateuren tänzelte.
Derweil hatten unsere Jungs entdeckt, dass man sich und viele andere Sachen prima im Zwischenraum zwischen Innen- und Außenzelt verstecken kann.
Die folgenden Tage waren auch nicht besser. Oma und Opa besuchten uns zum Essen um den gekauften Kartoffelsalat ihrer Tochter zu loben und meine Grill-Fähigkeiten zu kritisieren, nutzten ansonsten aber fast rund um die Uhr das umfassende Freizeitangebot und vielfältige Ausflugsprogramm . Den Jungs lasen sie eine Geschichte vor, wenn diese bereits todmüde auf den Matratzen lagen.
Das wiederum war kein Wunder, denn es kostet viel Kraft, unaufhörlich die Campingausrüstung zu strapazieren und den Papa zu demolieren … oder umgekehrt. Ganz ehrlich: Der kindliche Schrei „Mir ist langweilig!!“ löst bei mir mittlerweile ein starkes Bedürfnis aus, etwas …. an Bachblüten zu schnuppern.
Die nämlich bzw. eine Therapie damit hat mir meine tiefenentspannte Schwiegermutter am Ende des Urlaubs empfohlen: „Mein Junge, wir haben einen tollen Urlaub – und du wirkst so gestresst.“
Die Zeiten haben sich geändert. Und ich frage mich, ob man den Elternjob nicht einfach überspringen und gleich Großeltern werden kann.
c/o Bernhard Krebs